KURZE, ABER ERTRAGREICHE REGIERUNGSZEIT
Kurfürst Ottheinrich von der Pfalz (1502-1559) regierte nur kurz: 1556 trat er die Herrschaft auf Schloss Heidelberg an – nur drei Jahre blieben ihm bis zu seinem Tod. Es ist kaum zu glauben, was er in dieser kurzen Zeit auf den Weg brachte: große Reformen, aber auch eines der schönsten Bauwerke der deutschen Renaissance, den Ottheinrichsbau. Geprägt war seine Regierungszeit außerdem von der Umsetzung der Reformation in der Pfalz, womit er das Werk seines Vorgängers, seines Onkels Kurfürst Friedrich II., fortführte. Ottheinrich starb im Alter von 56 Jahren – und hinterließ neben dem herausragenden Architekturzeugnis im Schloss große Kunst- und Büchersammlungen, die unter anderem in Schloss Heidelberg eine Heimat fanden.
EIN PALAST DER FRÜHEN RENAISSANCE
Kurfürst Ottheinrich war bekannt für sein Repräsentationsbedürfnis. Als Standort seines neuen Palastes in seiner Heidelberger Residenz wählte er den noch freien Platz zwischen den Bauten seiner Vorgänger auf der Ostseite, unter Einbeziehung der alten Wehrmauer. Es entstand das wohl beeindruckendste Gebäude des Schlosses: ein Prunkbau, der damals wegen seiner Eleganz in die Baugeschichtsschreibung eingegangen ist. Hier knüpft eine spezielle Führung der Staatlichen Schlösser und Gärten an: Die neue Sonderführung „Venus, vino et musica. Kriminalspiel der Renaissance voller Musik und Tanz“ entführt die Gäste in das Jahr 1556, an den glänzenden Hof des neuen Kurfürsten Ottheinrich, wo ein Mord aufzuklären ist. Sobald mit dem Rückgang der Corona-Epidemie der Termin der Wiedereröffnung von Schloss Heidelberg erkennbar wird, werden die nächsten Termine dieser Führung veröffentlicht.
MACHTANSPRUCH AUS STEIN
Das Besondere am Ottheinrichsbau ist der üppige plastische Schmuck, der sich über die gesamte Fassade hinweg entfaltet. 16 allegorische Standbilder schuf der flämische Bildhauer Alexander Colin dafür. Neben alttestamentarischen Helden sind die christlichen Tugenden und die Planetengötter zu sehen. Die Palastfassade des 1566 fertiggestellten Ottheinrichsbaus ist eine der ersten mit einem monumentalen Figurenprogramm über die ganze Fassadenbreite. Diese Gliederung verkörpert das Selbstverständnis sowie das Regierungsprogramm des kurfürstlichen Herrschers.
LEIDENSCHAFTLICHER SAMMLER
Intensiv, sachkundig und auch mit hohem finanziellem Einsatz sammelte Kurfürst Ottheinrich, der die Bibliothek als Ausdruck fürstlicher Herrschaft verstand, bedeutende Schätze aus der Antike und der mittelalterlichen Kaiserzeit. Sein Beitrag zum Heidelberger Buchbestand machte ihn zum eigentlichen Begründer der berühmten Bibliotheca Palatina, die als die bedeutendste Büchersammlung nördlich der Alpen galt. Nach der Niederlage der pfälzischen Wittelsbacher und der Eroberung Heidelbergs im Jahr 1622 schenkte Herzog Maximilian von Bayern die Bibliotheca Palatina Papst Gregor XV. Im Frühjahr 1623 wurden mehr als 3.500 Handschriften und etwa 13.000 Druckschriften nach Rom gebracht. Erst 1816 konnte mit den kostbaren deutschen Handschriften ein Teil der Palatina, der Bibliothek, die von Kurfürst Ottheinrich geprägt worden war, aus dem Vatikan zurückgewonnen werden.
Information
Aktuell ist Schloss Heidelberg wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg ebenso wie alle Kultureinrichtungen geschlossen.