Montag, 7. März 2016

Schloss Heidelberg | Allgemeines INTERNATIONALER TAG DER FRAUEN AM 8. MÄRZ

Haushalt und Kindererziehung – das waren die klassischen Aufgaben bürgerlicher Frauen im 19. Jahrhundert. Für Marie Luise Gothein, als Professorengattin seit 1910 in Heidelberg lebend, galt das allerdings nicht. Sie widmete ihr Leben der Wissenschaft, übersetzte englische Dichter zum ersten Mal ins Deutsche und begab sich immer wieder auf Forschungsreisen. Wegweisend ist ihre zweibändige „Geschichte der Gartenkunst“, 1914 veröffentlicht.

Zum Tag der Frauen: Marie Luise Gothein, Pionierin der Gartenkunstgeschichte

Haushalt und Kindererziehung – das waren die klassischen Aufgaben bürgerlicher Frauen im 19. Jahrhundert. Für Marie Luise Gothein, als Professorengattin seit 1910 in Heidelberg lebend, galt das allerdings nicht. Sie widmete ihr Leben der Wissenschaft, übersetzte englische Dichter zum ersten Mal ins Deutsche und begab sich immer wieder auf Forschungsreisen. Wegweisend ist ihre zweibändige „Geschichte der Gartenkunst“, 1914 veröffentlicht.

GRUNDLAGE UND STANDARDWERK AUS HEIDELBERG
Für die Staatlichen Schlösser und Gärten, die in diesem Jahr das Thema „Welt der Gärten“ ausgerufen haben, ist der Internationale Tag der Frauen am 8. März ein Anlass, an die Heidelberger Wissenschaftspionierin zu erinnern. Der lange schon verlorene Renaissance-Schlossgarten von Heidelberg nimmt breiten Raum in Gotheins Buch ein. Sie widmet der fantastischen Anlage des Salomon de Caus viele Seiten in ihrem Werk über die Geschichte der Gartenkunst. Ein Grund dafür sind sicher die reichhaltigen Bildquellen aus der Entstehungszeit, die sich als Zeugnis für dieses repräsentative Projekt der pfälzischen Kurfürsten erhalten haben – fast die einzigen Spuren der legendären Anlage. Heute ist der einstige fürstliche Garten vor allem für eines berühmt: für den spektakulären Blick auf die mächtigen Ruinen des Heidelberger Schlosses.

VON DER HÖHEREN-TÖCHTER-SCHULE ZUM DOKTORTITEL
Marie Luise Gothein wird 1863 als Marie Luise Schröter in Ostpreußen geboren. Sie besucht eine Höhere-Töchter-Schule in Breslau, wo sie den Privatdozenten Eberhard Gothein als ihren Lehrer trifft, den sie später heiratet. „Da arbeitet nun Ihre Frau ganz wie ein Gelehrter? Es ist doch seltsam!“ Eberhard Gothein, Professor für Nationalökonomie an der Universität Heidelberg, schlug oft Verwunderung entgegen, wenn seine Frau Marie Luise wieder auf Forschungsreisen unterwegs war. Schließlich ist es um 1900 alles andere als selbstverständlich, dass Frauen sich der Wissenschaft widmen. Gothein aber sah es als seine größte Lebensleistung an, das akademische Talent seiner Frau erkannt zu haben. Sie unternahm – allein – Forschungsreisen, übersetzte englische Dichter zum ersten Mal ins Deutsche, schrieb Monografien und Aufsätze.

GARTENHISTORIKERIN IN HEIDELBERG
Über das Studium der britischen Architektur wurde sie auf den englischen Landschaftsgarten aufmerksam. Die Gartenarchitektur begeisterte sie so sehr, dass sie sich mehrere Jahre lang dem Thema widmete und schließlich ihre „Geschichte der Gartenkunst“ veröffentlichte – ein Pionier- und Standardwerk der gartengeschichtlichen Forschung. In zwei Bänden bearbeitet sie die Gartenkunst von den alten Ägyptern an über die Renaissance bis zur Gegenwart. Als das Buch Anfang des Jahres 1914 erscheint, hofft Gothein auf ein „Erstarken“ der Gartenkunst – im falschen Moment, der Kriegsausbruch verhindert diese Wirkung. Aber ihre Forschung wird schon von den Zeitgenossen wahrgenommen: So schreibt etwa Theodor Heuss, der spätere Bundespräsident und damals noch als Journalist tätig, eine Rezension des Buches. 1931 stirbt Marie Luise Gothein; kurz vorher verleiht ihr die Universität Heidelberg die Ehrendoktorwürde.

HISTORISCHE TERRASSEN MIT TRAUMHAFTEM AUSBLICK
Der Garten von Schloss Heidelberg lädt zu allen Jahreszeiten zu einem Spaziergang mit Panoramasicht ein. Allerdings zeigt die Anlage nur noch geringe Spuren des Schlossgartens der Zeit um 1600. Seit Gotheins Zeiten greift man daher auf Darstellungen aus der Renaissance zurück, um seine Bedeutung zu illustrieren. Erhalten haben sich vom „Hortus Palatinus“ nur noch die Struktur der Gartenterrassen im Hang über dem Neckar sowie Reste der Grotten und Brunnen. Das heutige Gartenerlebnis geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Damals legte man die Terrassen so an, dass sich möglichst effektvolle Ausblicke auf die berühmte Ruine ergaben – und die atemberaubende Wirkung dieser Sichtachsen und Durchblicke hat sich bis heute erhalten.

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