Schloss Heidelberg, mit Tinte geschriebener Brief

Die Briefe der Liselotte von der PfalzBEKENNTNISSE IN BRIEFEN

Elisabeth Charlotte, Prinzessin von der Pfalz, fand nach ihrer Hochzeit am französischen Hof Trost im Schreiben. Ihre Briefe über das Eheleben und das Hofzeremoniell in Versailles gelten als leidenschaftlich, direkt und kritisch. Besonders die Menschen und ihre sexuellen Neigungen sind ein beliebtes Thema.

Schloss Heidelberg, Porträt Liselotte von der Pfalz, 1670/1671

Liselotte von der Pfalz wuchs als Kind vor allem in Schloss Heidelberg auf.

LEIDENSCHAFT, BRIEFE ZU SCHREIBEN

Eine legendäre Bewohnerin von Schloss Heidelberg war Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans und Schwägerin von König Ludwig XIV. von Frankreich. Die Tochter von Kurfürst Karl Ludwig, besser bekannt als Liselotte von der Pfalz, heiratete im Alter von 19 Jahren den Bruder des Königs Ludwig XIV. und verbrachte den Rest ihres Lebens in Versailles ‒ insgesamt 51 Jahre. Über ihr Leben am Hof des Sonnenkönigs schrieb sie zahlreiche Briefe. „Schreiben ist meine große occupation...“, hält sie für die Nachwelt fest.

Schloss Heidelberg, Philippe von Frankreich, duc d’Orléans; Gemälde von Antoine Mathieu

Galt am Versailler Hof als offen homosexuell: Liselottes Ehemann Philippe.

„ICH SCHREIBE, WIE ICH REDE“

In den Briefen an Freunde und Familie berichtete die Herzogin von Orléans von ihren kulinarischen Vorlieben und Abneigungen, ihrer Meinung zu Hygiene, Medizin, Liebe und Ehe, aber auch über Mode und Religion. Auch den Frust über ihre unglückliche Ehe mit Philippe I. de Bourbon, Herzog von Orléans, und die ungewohnten Sitten am Versailler Hof schrieb sich die kurpfälzische Prinzessin von der Seele ‒ ganz unverblümt und direkt: „Ich wäre erstickt, wenn ich dieses nicht gesagt hätte.“

Schloss Heidelberg, Sophie von Hannover als Kind, Gerrit van Honthorst

Liselottes Tante wohnte in Hannover; beide schrieben sich regelmäßig Briefe.

EIN FRANZÖSISCHES LASTER?

Bei ihrem Ehemann Philippe I. de Bourbon waren es die Verschwendungssucht und seine homosexuellen Neigungen, über die sich Liselotte von der Pfalz bei ihrer Tante, Sophie von Hannover, beklagte: „[...] wil bey Monsieur ahnfangen: der hatt nichts in der welt im kopff alß seine junge kerls, und da gantze nächte zu freßen, zu sauffen, undt gibt ihnen unerhörte summen gelts, nichts kost ihm noch ist zu thewer vor die bursch; unterdeßen haben seine kinder undt ich kaum was unß nöthig ist.“ Die gleichgeschlechtliche Liebe hält sie allgemein für ein Laster, das in Deutschland eher unüblich sein soll, eine Mode.

ÜBER ZWISCHENMENSCHLICHES

Mit ihrer Tante in Hannover, aber auch mit ihren Schwestern tauschte sich Liselotte über Themen aus, über die sie mit kaum jemandem vertrauensvoll reden konnte: Eheleben, Schwangerschaft und Sexualität. Ihre „erotischen“ Darstellungen milderte Liselotte ab, indem sie diese mit dem Glauben verknüpfte: „Alles überig, so Ihr cittirt, seindt nur menschliche schwachheitten, deren man nicht entgehen kan, weill wir ale menschan sein. Wehren wir alle perfect, hetten wir daß leyden Christi nicht von nöhten, daß ja unßere fehler bedecken muß.“

SCHREIBEN ALS AUSGLEICH

Während ihres Lebens am französischen Hof schrieb Liselotte von der Pfalz im Schnitt zwei Briefe pro Tag. Man geht von mehr als 36.000 Briefen aus; zum Teil ist sogar von 60.000 handschriftlichen Zeugnissen die Rede. Manche der deutschen und französischen Briefe sind bis zu 25 Seiten lang! Sie sind heute eine wertvolle Quelle über den Alltag am französischen Hof, aber auch über die Autorin selbst. Keiner anderen Person der kurpfälzischen Geschichte kann man sich so annähern wie Liselotte von der Pfalz.

Schloss Heidelberg, Gemälde von Carl Rottmann, 1815

Mit ihrer Familie in Heidelberg stand Liselotte von der Pfalz im Briefkontakt.

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Liebe – Lust – Leidenschaft